Die Ich-Erzählerin betrauert den Tod eines Freundes. Da erreicht sie ein Anruf, der Verstorbene hätte sich gewünscht, dass sie sich seines Hundes annimmt.
Das Problem: die Wohnung der Schriftstellerin in New York misst gerade mal 45 qm, in denen zudem keine Hunde erlaubt sind. Und Apollo ist eine Harlekin-Dogge, Stockmaß 85 cm, die man kaum verstecken kann. Sie sagt dennoch zu. Außer der Verpflichtung, die sie gegenüber dem Verstorbenen fühlt, ist es die Hoffnung auf eine durch den Hund bleibende Verbindung zu ihm.
Wer jetzt eine rührende Mensch-Tier-Geschichte erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Obwohl es sehr wohl rührend und sehr warmherzig ist, wie die Autorin und der Hund sich in ihrer beider Trauer näherkommen.
Apollo, benannt nach dem Gott, der auch einer der Dichtkunst ist, lässt sich durch Vorlesen beruhigen, zerkaut genüsslich Bücher, bringt dem neuen Frauchen vorsichtig andere Bücher. Die beiden leben Seite an Seite. Und ja, es ist auch eine reizende Geschichte über Freundschaft.
Aber zum Glück nicht nur. Sigrid Nunez schweift von den Annäherungen zwischen Frau und Hund zu Erinnerungen, zu Zitaten aus der Literatur, zu Anekdoten aus dem Literatur- und Universitätsbetrieb.
Das Springen von einem Thema zum anderen ist manchmal komisch, manchmal bissig-ironisch und immer sehr warmherzig und unterhaltsam.
Kein Wunder also, das Sigrid Nunez mit „Der Freund“ einen solchen Erfolg hat. Und „Die Frage, die jeder Roman zu beantworten sucht: Ist das Leben lebenswert?“, kann nur eindeutig „Ja“ lauten.